Wirkungsvolle Rentenreformen erwarten nur wenige Bürger von der neuen Bundesregierung. Das zeigt die jüngste Umfrage des Deutschen Instituts für Altersvorsorge (DIA).
Die Rente schafft es in den kommenden vier Jahren wohl kaum in die Riege der Top-Themen des Regierungshandelns. Zu viele andere Themen wie Sicherheit und Migration drängen sich derzeit auf die Agenda. Außerdem hegen die beiden Partner der Großen Koalition nur wenig Ambitionen in der Rentenpolitik. Davon geht auch eine relative Mehrheit in einer neuen Ausgabe des DIA-Deutschland-Trend aus. So meint ein reichliches Drittel (37 Prozent), dass die nächste Regierung nur kleinere Anpassungen in der gesetzlichen Rentenversicherung vornehmen wird, die alles in allem nur wenig Entlastung für die Rentenfinanzen bringen.
Gerade mal ein Fünftel der Befragten rechnet damit, dass sich das Bündnis von CDU und SPD auf eine umfassende Rentenreform verständigt. 23 Prozent nehmen an, dass die nächste Bundesregierung keinerlei Veränderungen in der gesetzlichen Rentenversicherung in Gang setzt und stattdessen die wachsenden Rentenausgaben über höhere Beiträge und einen größeren Bundeszuschuss finanziert. Ein Fünftel kann oder will keine Einschätzung zur künftigen Rentenpolitik abgeben. Letzteres zeigt, dass auch noch viel Unsicherheit in der Rentenfrage herrscht. Der Anteil der Unschlüssigen ist vergleichsweise hoch.
Damit spiegelt die Stimmung in der Bevölkerung wider, was Politikbeobachter anhand der Wahlprogramme bereits vermuten. Beide Parteien werden an der Rentenversicherung keine grundsätzlichen Veränderungen vornehmen. Entgegen der Mahnungen vieler Experten und trotz der demografischen Belastungen, die in den kommenden Jahren auf die gesetzliche Rente zukommen. So will laut Wahlprogramm weder die CDU noch die SPD eine weitere Anpassung beim Renteneintrittsalter vornehmen. Auch die Rente für besonders langjährig Versicherte, die abschlagsfrei schon vor dem gesetzlichen Renteneintrittsalter in den Ruhestand gehen können, soll bleiben.
Mit der Renten gewinnt man keine Wahl
Nun sind Wahlprogramme keine Dokumente, in denen Parteien gern Rentenreformen ankündigen. Unter Wahlkampfstrategen gilt der Spruch, dass man mit der Rente keine Wahlkämpfe gewinnen kann. Zu unbeliebt ist dieses Thema. Das war für alle während der rot-grünen Koalition unter Schröder offensichtlich. Daher hat der damalige Bundesarbeitsminister Müntefering die Anhebung des Renteneintrittsalters auch während der laufenden Legislaturperiode erst auf die Tagesordnung gesetzt und in einem Husarenritt vorangetrieben. Eine solche Strategie vermutet vielleicht jener Anteil der Befragten, die noch eine umfassende Reform in den kommenden vier Jahren für möglich halten. Obwohl davon nichts im Wahlkampf zu hören war und obwohl dazu mit großer Wahrscheinlichkeit auch nichts im Koalitionsvertrag stehen wird.
Am größten sind derartige Hoffnungen unter den CDU-Wählern, die Friedrich Merz wohl auch in diesem Politikfeld einen Richtungswandel zutrauen. Von ihnen halten 28 Prozent eine umfassende Reform für wahrscheinlich. Die geringsten Erwartungen auf eine solche Reform haben indes die Wähler der AfD. Von ihnen sehen nur 14 Prozent weitreichende Entscheidungen in der Rentenpolitik, 37 Prozent hingegen glauben, es bleibe alles beim Alten und die zunehmenden Lasten der Rentenversicherung werden über höhere Beiträge und mehr Mittel aus dem Bundeshaushalt bestritten.
Der Prophet gilt wenig im eigenen Land
Alles in allem aber ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass auch die kommenden vier Jahre Regierungszeit mit Blick auf die demografischen Probleme der Rente erneut vier verlorene Jahre sein werden. Die Reform wird erneut vertagt werden. Dabei liegen praktikable Vorschläge auf dem Tisch. So haben die fünf Wirtschaftsweisen 2023 in ihrem Gutachten der Rente ein ganzes Kapitel gewidmet. Doch kein Politiker in Regierungsverantwortung hat sie aufgegriffen.
Die repräsentative Umfrage zu den Erwartungen in der Rentenpolitik führte das Meinungsforschungsinstitut INSA Consulere im Auftrag des Deutschen Instituts für Altersvorsorge im Zeitraum vom 28. Februar bis zum 3. März durch. Es nahmen daran 2.002 Personen aus Deutschland ab 18 Jahren teil. Die detaillierten Ergebnisse finden Sie hier.