Aktien für die Rendite, Gold gegen Inflation, Immobilien für Erträge sowie Anleihen, um sich gegen Rezessionen abzusichern – so lassen sich einige Vorteile der Anlageklassen zusammenfassen. Bleibt die Frage, wie und in welchem Verhältnis Anleger diese „Asset Classes“ kombinieren können oder sollten?
Die Antwort hängt entscheidend davon ab, welcher Risikotyp sie sind. Sprich: welche Verluste können Anleger maximal aushalten. Bevor der Bau eines Depots mit unterschiedlichen Anlageklassen beginnt, ist es wichtig zu verstehen, warum Kombinationen im Portfolio überhaupt Sinn ergeben.
„Zentral ist dabei der Begriff der Korrelation“, sagt Claus Walter vom Freiburger Vermögensmanagement. Damit beschreiben Finanzprofis, wie sich einzelne Anlageklassen wie Aktien, Anleihen oder Gold zueinander verhalten. „Ein gut diversifiziertes Portfolio vereint Anlageklassen, die sich möglichst unabhängig voneinander entwickeln. Gold und Euro-Staatsanleihen zum Beispiel haben eine geringe Korrelation zum Aktienmarkt“, sagt Vermögensprofi Walter.
Über Jahrzehnte, wenn nicht gar Jahrhunderte hat sich gezeigt, dass Aktien die renditenstärkste Anlageklasse sind, aber sehr hohe Schwankungen aufweisen. Deutlich weniger Volatilität gibt es bei Anleihen mit kurzer bis mittlerer Laufzeit, dafür sind die Wertsteigerungen geringer. (Staats-)Anleihen wirken in Phasen, in denen die Wirtschaft den Rückwärtsgang einlegt, meist als Risikopuffer im Depot. Immobilien liefern auch in Form von ETF dauerhaft Erträge, können aber mit der Wertsteigerung von Aktien nicht mithalten. Gold startet in Phasen, in denen der Realzins sinkt, spürbar durch und bewahrt als Schutz vor Inflation langfristig die Kaufkraft. Der Bitcoin, erst seit gut einem Jahrzehnt als Anlageklasse verfügbar, schützt wegen seiner Konstruktion ebenfalls vor Inflation, aber der Kurs schwankt sehr stark.
It’s all about the Zinsen, Baby
Was selten in den Blick gerät, sich aber 2022 richtig bemerkbar machte: „All diese Anlageklassen hängen mehr oder weniger stark von der Entwicklung der Zinsen ab. Als die US-Notenbank die Zinsen von null auf über fünf Prozent hochzog, um der Inflation Herr zu werden, verloren die bedeutenden Aktienindizes rund 25 Prozent, während manche High-Flyer-Aktien um bis zu 80 Prozent einbrachen“, erinnert Titus C. Schlösser von Portfolio Concept in Köln. Krass ging es auch am Anleihemarkt zu, wo Papiere mit 20 Jahren Laufzeit und länger die Hälfte ihres Werts verloren. Immobilienfonds und -ETF kamen ebenfalls unter die Räder, weil die hohen Zinsen die Nachfrage nach Betongold in den Keller schickten. Den Bitcoin schließlich riss es um bis zu 70 Prozent nach unten, während Gold mit 20 Prozent Minus recht glimpflich davonkam. „Die einzige Anlageklasse, die von den steigenden Zinsen profitierte, waren kurz laufende Anleihen“, so Vermögensprofi Schlösser.
Sorgfältige Bestimmung des Risikotyps ist das A und O
Wenn die (Leit-)Zinsen massiv steigen, bleibt also kaum eine Anlageklasse ungeschoren. Zum Glück sind solche Phasen selten. In den letzten 50 Jahren kamen sie alle sieben bis zehn Jahre vor, wie langfristige Daten der US-Notenbank zeigen. In den Phasen dazwischen können die unterschiedlichen Anlageklassen ihre Stärken ausspielen und in ihrer Kombination entweder das Risiko im Depot senken oder dessen Rendite erhöhen. „Anders als viele Anleger glauben, ist es wichtiger, das potenzielle Risiko eines Depots zu beachten als zu sehr auf die Rendite zu schielen“, sagt Titus C. Schlösser. Der Grund: „Wer eine bestimmte Rendite anstrebt, muss in der Lage und willens sein, zwischenzeitlich einen bestimmten Verlust zu tolerieren. Daher muss man dieses maximale Schmerz-Level sehr sorgfältig bestimmen“, so der Vermögensprofi.
Rendite und Risiko immer zusammen denken
Vermögensprofis unterscheiden idealtypisch zwischen konservativen, ausgewogenen und chancenorientierten Anlegern. Konservative Investoren streben über die Jahre hinweg meist eine jährliche Rendite von 2,5 bis fünf Prozent an, bei ausgewogenen Anlegern sind es fünf bis 7,5 Prozent. Wer chancenorientiert anlegt, will meist eine Rendite von acht Prozent und mehr. Der angestrebten Rendite entsprechend müssen Anleger mit einem dauerhaft investierten Portfolio bereit sein, zeitweilig unterschiedlich hohe Verluste hinzunehmen. Eine Faustregel besagt, dass Anleger beim zwischenzeitlichen Verlust etwa mit dem Drei- bis Vierfachen der angestrebten Rendite rechnen müssen.