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Nachwuchs beflügelt Führungskräfte in ihrer Arbeit

Führungskräfte verbringen unter der Woche sehr wenig Zeit mit ihren Kindern. Die Aufteilung von Zuständigkeiten innerhalb der Familie folgt immer noch traditionellen Rollenmustern.

Dennoch fühlen sie sich durch ihr Familienleben in ihrer Arbeit beflügelt. Zu diesen Ergebnissen kommt Prof. Dr. Regine Graml, Professorin für Betriebswirtschaft, Personalmanagement und Organisation im Fachbereich Wirtschaft und Recht der Frankfurt University of Applied Sciences (Frankfurt UAS) in ihrer im Mai 2017 veröffentlichten Studie „Arbeit und Familie – Lebensmuster von Führungskräften“.

Der Großteil der Führungskräfte verbringt unter der Woche fünf bis zehn Stunden mit seinen Kindern (47 Prozent), unter fünf Stunden sind es 42 Prozent und über zehn Stunden elf Prozent. Die jeweilige Partnerin/der Partner widmet unter der Woche den Kindern mehr Zeit als die Befragten. Am Wochenende wendet der Großteil der Befragten deutlich mehr Zeit für die Kinder auf als unter der Woche. 76 Prozent verbringen mehr als zehn Stunden mit ihren Kindern, 28 Prozent sogar mehr als 20 Stunden. Position, Alter, Qualifikation der Führungskraft, Anzahl der Kinder, Alter des jüngsten Kindes sowie Berufstätigkeit und Qualifikation der Partnerin/des Partners haben dabei keinen signifikanten Einfluss auf die Zeit, die die Führungskräfte mit ihren Kindern verleben.

„Durch die Studie wird deutlich, dass traditionelle Muster der Zeiteinteilung zwischen Arbeit und Familie dominieren, wobei beide – die Top-Führungskraft und der/die jeweilige Partner/-in – gut qualifiziert sind. Andere Familienkonstellationen, wie beispielsweise eine egalitäre Verteilung oder einfach mehr Vielfalt in der Zeiteinteilung werden kaum gelebt. Hier zeigt sich, dass noch großer Handlungsbedarf für Gesellschaft, Politik und Unternehmen besteht, um Top-Management und Familie besser zu vereinbaren“, resümiert Graml.

Weibliche Führungskräfte haben mehr Zeit für Kinder

Die befragten Frauen verbringen von Montag bis Freitag mehr Zeit mit den Kindern als die befragten Männer. Bei gleichen Charakteristika (Alter, Qualifikation und Position) sind es unter der Woche fast drei Stunden mehr. „Aufgrund der geringen Fallzahlen weiblicher Führungskräfte bei der Befragung ist die Aussagekraft der Analyse begrenzt. Dennoch kann das zeitliche Engagement der weiblichen Führungskräfte für ihre Kinder ein Hinweis auf die typische Doppelbelastung der Frauen, Familie und Beruf zu vereinen, sein“, erläutert Graml.

Mütter und Teilzeitkräfte gelten als weniger karriere-interessiert

Mitarbeiterinnen mit Kindern gelten unter Führungskräften leider immer noch als weniger an der Karriere interessiert – trotz hoher Arbeitsleistung, Belastbarkeit und Zuverlässigkeit. Das trifft ebenso auf Teilzeitbeschäftigte zu. Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in Teilzeit (egal ob mit Kindern oder ohne) schreiben die befragten Führungskräfte mehrheitlich (67 Prozent) ein geringeres Karrierestreben im Vergleich zu anderen Mitarbeitern zu. Dabei bewerten die Befragten die Arbeitsleistung (83 Prozent) von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in Teilzeit, ihr Commitment (84 Prozent) und ihre Zuverlässigkeit (87 Prozent) mindestens genauso hoch wie bei Vollzeitmitarbeiterinnen und -mitarbeitern. 30 Prozent der Führungskräfte schätzen die Arbeitsleistung von Teilzeitmitarbeiterinnen und -mitarbeitern sogar höher ein. „Auffällig ist, dass den Teilzeitmitarbeiterinnen und -mitarbeitern einerseits hohe Arbeitsleistung und andererseits geringes Karrierestreben zugeschrieben wird. Für die befragten Führungskräfte scheint Karriere in Teilzeit in ihren Unternehmen also nicht oder kaum vorstellbar“, vermutet Graml.

Mütter in ihrem Unternehmen (unabhängig vom Arbeitszeitmodell) sehen die Befragten ebenfalls als an der Karriere desinteressiert. So halten 46 Prozent ihr Karrierestreben für geringer im Vergleich zu anderen Mitarbeiterinnen und -mitarbeitern. Nur 37 Prozent erkennen keinen Unterschied im Karrierestreben. Dabei bewerten die Befragten die Arbeitsleistung (82 Prozent) von Müttern, ihr Commitment (79 Prozent) und ihre Zuverlässigkeit (81 Prozent) mindestens genauso hoch wie bei anderen Beschäftigten. Zehn Prozent der Führungskräfte schätzen die Arbeitsleistung sogar höher ein.

Führungskräfte mit Familie sind zufriedener

Dennoch scheint Familie glücklich zu machen. Zwei Drittel der Befragten sind mit ihrer Lebensbalance hinsichtlich Beruf und Familie zufrieden. 73 Prozent fühlen sich durch ihr Familienleben in ihrer Arbeit sogar beflügelt. Begünstigende Faktoren der Lebensbalance sind Selbstbestimmung und die Flexibilität der Partnerin/des Partners. Dennoch empfinden drei Viertel der Führungskräfte, dass die Arbeit das Privatleben beeinträchtigt: Hohes Arbeitspensum und Geschäftsreisen werden als besonders negativ für die Work-Life-Balance wahrgenommen.

Dabei ist die persönliche Zufriedenheit abhängig von der Position. Führungskräfte auf der Ebene der Bereichsleitung sind weniger zufrieden als Führungskräfte der Unternehmensleitung oder der Abteilungsleitung. Die Zufriedenheit wird von den anderen untersuchten Variablen nicht beeinflusst. Bei Qualifikation, Alter, Geschlecht, Unternehmensgröße und Anzahl der Kinder ist kein Einfluss auf die Zufriedenheit erkennbar.


Prof. Dr. Regine Graml führte die Untersuchung mittels Online-Befragung im Rahmen des Executive Panels der internationalen Personalberatung Odgers & Berndtson durch. Befragt wurden Führungskräfte aus Deutschland, Österreich und der Schweiz. Von den Panel-Teilnehmer/-innen mit Kindern haben 177 Personen an Gramls Befragung zu deren Lebensmustern teilgenommen.


Ab und zu schreiben Experten für das Deutsche Institut für Altersvorsorge (DIA), die nicht zum Kernteam gehören. Aber was bedeutet das schon. Gäste empfängt man immer am wärmsten. 

Wie Anke Dembowski: Sie ist geschäftsführende Gesellschafterin der Fondsfrauen GmbH und Finanzjournalistin.