Erbschaft ohne Testament birgt Überraschungen

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29. Oktober 2024

Erbschaft ohne Testament birgt Überraschungen

Die leidige Sache mit dem Testament schieben viele gerne auf. Aber Achtung: Wenn kein Testament vorliegt, greift im Fall der Fälle die gesetzliche Erbfolge.

Sie sorgt oft für Überraschungen, die so gar nicht den eigenen Vorstellungen entsprechen. Da kann es schnell passieren, dass das Haus, die Ersparnisse oder die Lieblingsuhr ohne Testament anders verteilt werden, als man es sich gewünscht hätte.

Testament und Erben

Bei Veranstaltungen und Gesprächen ist die Frage nach der gesetzlichen Erbfolge ein Dauerbrenner. Tatsächlich ist das „Was-wäre-wenn“ auch die erste und wichtigste Aufgabe, wenn es um eine durchdachte Nachfolgestrategie geht. Ein gängiger Fall ist der des Ehepaars Schneider mit zwei Kindern. Verstirbt Herr Schneider, erbt Frau Schneider ein Viertel des Nachlasses sowie ein weiteres Viertel als pauschalen Zugewinnausgleich. Die beiden Kinder erben jeweils ein Viertel des Vermögens. Doch die Erbfolge ist nicht immer so klar. Deshalb nehmen wir Sie mit auf eine kleine Reise durch einige Beispiele unserer Kunden und zeigen, was so alles passieren kann, wenn der Gesetzgeber die Karten mischt.

Patchwork-Familien haben Handlungsbedarf

Fall 1: Das Ehepaar Müller hat keine Kinder, aber Herr Müller hat noch eine Schwester. Verstirbt Herr Müller, erbt Frau Müller die Hälfte des Nachlasses sowie ein weiteres Viertel als pauschalen Zugewinnausgleich. Die Schwester von Herrn Müller erbt das verbleibende Viertel des Vermögens.

Fall 2: Herr Becker ist verwitwet, er hat eine Tochter und zahlreiche Nichten und Neffen. Da die Tochter sein einziger Abkömmling ist, erbt sie alles. Die übrige Verwandtschaft, ob nah oder fern, geht leer aus, da direkte Nachkommen Vorrang haben.

Fall 3: Die Eheleute Wagner sind eine Patchwork-Familie. Verstirbt Herr Wagner, erbt seine Frau die Hälfte seines Vermögens, die andere Hälfte teilen sich seine Kinder. Verstirbt Frau Wagner kurz danach, erben nur ihre eigenen Kinder, nicht die von Herrn Wagner. Dadurch gelangt ein Teil des väterlichen Vermögens an die Stiefkinder, statt in seiner Familie zu bleiben.

Lebensgefährtin geht leer aus

Fall 4: Frau Meier ist verwitwet und hat eine Tochter sowie einen verstorbenen Sohn, der drei Kinder hinterlassen hat. Stirbt Frau Meier, erbt die Tochter die Hälfte des Nachlasses. Die andere Hälfte, die dem verstorbenen Sohn zugestanden hätte, geht zu gleichen Teilen an dessen Kinder, also die Enkel von Frau Meier.

Fall 5: Herr Müller und Frau Schulz leben zusammen, sind aber nicht verheiratet. Herr Müller hat noch seine Mutter. Stirbt Herr Müller, wird seine Mutter qua gesetzlicher Erbfolge Alleinerbin. Die Lebensgefährtin erhält hingegen nichts, da sie als nicht verheiratete Partnerin gesetzlich nicht berücksichtigt wird.

Suche nach entfernten Verwandten

Fall 6: Ein Ehepaar hat keine Kinder und auch keine Geschwister oder näheren Verwandten. Stirbt einer der beiden, erbt der überlebende Ehepartner alles. Verstirbt jedoch auch der zweite Partner, beginnt die Suche nach entfernten Verwandten. Die Erbfolge geht dann bis hinauf zur Ebene der Urgroßeltern, um Erben zu finden – manchmal Personen, von denen das Ehepaar möglicherweise noch nie etwas gehört hat.

Falls Sie sich in einem unserer Beispiele wiedererkennen und nicht ganz glücklich mit dem Ergebnis sind – keine Sorge, Sie haben es selbst in der Hand, beispielsweise mittels Testament. Alternativ und mit steuersparenden Zusatzeffekten setzen Sie auf eine Lebens- oder Rentenversicherung. Hier können Sie ganz einfach Bezugsberechtigte für den Erbfall einsetzen, wie bei einem Vermächtnis im Testament.

Apropos Familie: Von der gesetzlichen Erbfolge kann man sich nicht ganz befreien – Stichwort Pflichtteil. Diese Ansprüche haben aber nur die Kinder, der Ehegatte und die Eltern, niemand sonst. Also keine Sorge, Geschwister haben auf Ihr Vermögen keinen Anspruch.


Stefan Brähler

Gastautor Stefan Brähler ist Geschäftsführer der Confidema GmbH und Spezialist für Nachfolgeplanung, Vermögensstrukturierung und Investmentpolicen für vermögende Privatkunden, vornehmlich als B2B-Partner von Vermögensverwaltern, Versicherern und im Private Banking.