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Rentensysteme mit Autopilot

Demografische, wirtschaftliche und finanzielle Schwankungen belasten die Rentensysteme. Um diese Belastungen zu mindern, nutzen etliche Staaten automatische Anpassungsmechanismen. Der OECD-Bericht „2021 Renten auf einen Blick“ listet auf, wo und wie das geschieht.

Rentensysteme müssen mit den unterschiedlichsten Belastungen fertig werden. Manche davon sind lange bekannt und wirken seit Jahren, zum Beispiel die zunehmende Zahl von Renteneintritten in alternden Gesellschaften. Andere treten schlagartig und überraschend auf, wie der Konjunktureinbruch im Schlepptau der Corona-Pandemie.

Darauf müssen Rentensysteme reagieren. Das geht über politische Ad-hoc-Reformen. Die Alternative dazu sind automatische Anpassungsmechanismen (AAM). Letztere verringern das Risiko, das Ziel zu verfehlen und zu viel oder zu wenig anzupassen, erläuterte unlängst Monika Queisser, Leiterin der Abteilung Sozialpolitik bei der OECD anlässlich der Vorstellung des neuen OECD-Berichts „Renten auf einen Blick“. Außerdem seien AAM weniger erratisch als politische Entscheidungen, transparenter und fairer im Hinblick auf die Verteilung der Belastungen über die Generationen.

Lebenserwartung als Stellschraube

Etwa zwei Drittel der OECD-Staaten haben mittlerweile solche Ausgleichsmechanismen. In elf Ländern sind sie multipel angelegt, greifen also in mehrere Stellschrauben der Rentensysteme ein. In Frage kommen zum Beispiel die Rentenleistungen, das Rentenalter und der Beitragssatz. Sieben von diesen elf Ländern koppeln das Rentenalter an die Lebenserwartung. Steigt die statistische Lebenserwartung, erhöht sich auch das gesetzliche Renteneintrittsalter. Vier Länder haben nur einen Ausgleichsmechanismus, dazu gehört auch Deutschland. Zwei Staaten passen lediglich die Leistungen an. In sieben OECD-Ländern gibt es kapitalgedeckte beitragsorientierte Renten, deren Höhe von der Entwicklung der Kapitalmärkte abhängt. Sieben OECD-Mitglieder verfügen über keine automatischen Ausgleichsmechanismen.

Deutscher Mechanismus wirkt nur eingeschränkt

Deutschland hat zwei Elemente, die steuernd wirken. Das ist zum einen der sogenannte Nachhaltigkeitsfaktor, der auf das Verhältnis von Beitragszahlern und Rentenempfängern reagiert. Zum anderen findet eine regelmäßige Beitragssatzanpassung statt. Allerdings setzte die Politik diesen Ausgleichsmechanismen zugleich Grenzen, wodurch sie nur beschränkt wirken. So darf die Rente nominal nicht sinken. Damit die Gerechtigkeit zwischen den Generationen dabei nicht unter die Räder kommt, gibt es noch den sogenannten Nachholfaktor. Er verrechnet künftige Rentensteigerungen jeweils zum Teil mit zuvor unterlassenen Kürzungen. Diesen Nachholfaktor hatte die Große Koalition aber vorübergehend ausgesetzt. Das will die neue Bundesregierung im kommenden Jahr korrigieren.

Doppelte Haltelinie gilt noch bis 2025

Außerdem setzt die doppelte Haltelinien Schranken für den Anpassungsprozess. So darf der Beitragssatz die Höhe von 20 Prozent nicht übersteigen. Diese Haltelinie gilt noch bis 2025. Wie es dann weitergeht, steht zur Zeit noch in den Sternen. Das hängt sicherlich auch davon ab, welche Regierungskoalition 2025 zustande kommt. Die Ampel-Regierung will derzeit daran erst mal gar nichts ändern. Die Folge: wachsende Defizite müssen vom Bundeshaushalt gedeckt werden.

Andere Länder agieren konsequenter

Andere Länder sind da mittlerweile deutlich konsequenter als Deutschland. So knüpft Dänemark künftig das Renteneintrittsalter strikt an die Lebenserwartung. Jeder Zugewinn an Lebenszeit verlängert die Erwerbsphase. Die Rentenphase soll sich somit nicht verlängern. Schweden hat einen auf Projektionen basierenden Mechanismus. „Wenn Vorausschätzungen ergeben, dass zukünftige Beitragseinnahmen und Reserve unter den Verbindlichkeiten liegen, wird die Rentenanpassung so lange ausgesetzt, bis wieder ein Gleichgewicht erreicht ist“, erläutert Monika Queisser.