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Scheitert das Modell Grundrente?

Die Gegner einer Großen Koalition in der SPD geben nicht auf. Mit zahlreichen Aktionen versuchen vor allem die Jungsozialisten, die Mitglieder von einem Nein zu überzeugen. In allen Landesverbänden soll es Neueintritte geben. Die Motivlage dafür ist unklar. Vielleicht folgen die neuen Genossen der Parole: Komm rein, stimme mit Nein!

Die Verhandlungen sollen zügig vorangehen, damit es in Deutschland möglichst bald wieder eine handlungsfähige Regierung gibt. Neben den Unionsparteien und Kanzlerin Merkel drängt vor allem der Bundespräsident auf eine rasche Entscheidung.

Nach dem knappen Ja des SPD-Bundesparteitages zur Aufnahme von Koalitionsverhandlungen wird damit gerechnet, dass das Sondierungspapier den „Rahmen für die Verhandlung“ steckt. Aber, wie die Regierungschefin erläutert, mit einigen Nachbesserungen. Böse Zungen behaupten sogar, dass sich die an Geschmeidigkeit nicht zu übertreffende Bundeskanzlerin bereits mit dem SPD-Vorsitzenden Martin Schulz unter dem Verhandlungstisch über Berührungslinien verständigt habe.

Deutsche haben kein Vetrauen mehr in die SPD

Zwei Drittel der SPD-Wähler sind im Übrigen für die Große Koalition. Das hat eine Forsa-Umfrage ergeben. Die Abwälzung der endgültigen Entscheidung auf etwas über 400.000 Mitglieder, von einigen Medien überschwänglich als „Messe der Demokratie“ gefeiert, sehen die Deutschen überwiegend kritisch. Wären jetzt Bundestagswahlen, kommt die SPD in einigen Umfragen nur noch auf 17 Prozent. Vier Zähler mehr als die AfD. Das Wahlverfahren, eigentlich ein praktiziertes imperatives Mandat, stärkt jedenfalls das Vertrauen der Bevölkerung in die SPD nicht. Auch rechnen die Befragten mit einer langen Hängepartie bei den Verhandlungen. Am Ende sind 59 Prozent aller Deutschen und 65 Prozent der SPD-Wähler überzeugt, dass eine Neuauflage der GroKo gelingt.

Zwei Politiker will man in einem neuen Kabinett mehrheitlich nicht sehen. Den SPD-Chef Martin Schulz, der es vor Wochen noch abgelehnt hatte, in ein neues Kabinett Merkel einzutreten, jetzt aber eher indifferent ist. Ähnlich ergeht es dem CSU-Vorsitzenden Horst Seehofer, der in Bayern als sich verabschiedender Ministerpräsident eine „lame duck“, also eine lahme Ente ist und sich möglicherweise in einem Kabinett Merkel wiederfindet.

AfD in drei Bundesausschüssen

Wenn schon die Regierung nicht voll handlungsfähig ist, so soll wenigstens der Bundestag arbeitsfähig gemacht werden. Deswegen wurden die Ausschüsse jetzt besetzt. Dies geschieht freilich unter Vorbehalt und kann sich nach einer Regierungsbildung wieder ändern. Der Vorsitz im Ausschuss für Arbeit und Soziales geht jedenfalls wieder an die Sozialdemokraten. Nicht bestritten wird die Besetzung in der Führung des Haushaltsausschusses durch einen AfD-Abgeordneten. Die Leitung dieses Königsausschusses im Hohen Haus steht traditionell der stärksten Oppositionsfraktion zu. Insgesamt werden Parlamentarier der AfD in drei Ausschüssen an der Spitze stehen.

Grundrente bringt neue Ungerechtigkeiten

Kaum hatten sich die potenziellen Partner der GroKo in der Sondierung auf eine Grundrente geeinigt, gab es Kritik von sachverständiger Seite. Professor Dr. Franz Ruland, eineinhalb Jahrzehnte Geschäftsführer des Verbandes Deutscher Rentenversicherungsträger und lange Zeit Vorsitzender des Sozialbeirates der Bundesregierung, ist von einem Scheitern des Modells der Grundrente überzeugt. Es „benachteilige diejenigen, die eine gesetzliche Rente beziehen, gegenüber denjenigen, die eine betriebliche oder private Rente erhalten“. Die Grundrente käme wegen der langen  zeitlichen Voraussetzungen nur wenigen Rentnern zugute, könnte also nur in sehr geringem Maße Altersarmut beseitigen. Gezahlt würden jedoch Beträge, die zumeist höher wären als der Freibetrag für Altersvorsorge. Davon würden aber in den nächsten Jahrzehnten nur Personen profitieren, die langjährig nur halbtags oder geringfügig beschäftigt waren. Der sozialhilferechtliche Freibetrag für Altersvorsorge helfe hingegen allen Betriebsrentnern, die im Alter ergänzend auf die Grundsicherung angewiesen seien, da keine 35 Beitragsjahre vorausgesetzt werden.

Dass es einen Freibetrag nur für Betriebsrenten, nicht aber auch für gesetzliche Renten gebe, ist kaum zu erklären und nur schwer mit dem Gleichheitsgrundsatz vereinbar. Deshalb mehren sich die Stimmen, die eine Freibetragsregelung auch für gesetzliche Renten fordern. Darauf hätten die Sondierer hören sollen.