Bausparverträge sind ein Klassiker, wenn es um die Finanzierung der eigenen vier Wände geht, und werden immer noch gern genutzt.
Rund 22 Millionen Verträge soll es in Deutschland aktuell geben. Allerdings ist die Nachfrage seit einigen Jahren rückläufig. Es laufen mehr Verträge aus als neu abgeschlossen werden. In den vergangenen Wochen und Monaten gerieten Immobilienfinanzierungen mit Bausparvertrag verstärkt in die Kritik. Anlass waren Recherchen des SPIEGEL, die solche Finanzierungsmodelle genauer untersuchten. Im Ergebnis war von „zweifelhaften Finanzierungskonstrukten“ die Rede. Doch ist diese Kritik gerechtfertigt?
Wie funktioniert die Finanzierung über Bausparverträge im Vergleich zur klassischen Annuitätenfinanzierung? Bausparvertrag: Zunächst wird Kapital angespart (das Bausparguthaben). Sobald der Vertrag zuteilungsreif ist, kann ein Bauspardarlehen bis zur vereinbarten Bausparsumme aufgenommen werden. Die Konditionen stehen von Beginn an fest. Das Darlehen wird durch eine Grundpfandrechteintragung gesichert und stellt eine Kombination aus Eigen- und Fremdfinanzierung dar. Annuitätendarlehen: Diese Finanzierungsform basiert ausschließlich auf einem Darlehen und erfordert kein vorheriges Ansparen. Das Kapital kann anderweitig investiert werden. Die Zinsen sind für eine festgelegte Zinsbindungsphase fixiert, danach ist eine Anschlussfinanzierung zu den dann gültigen Marktkonditionen erforderlich.
Hohe Abschlusskosten als Nachteil?
Ein häufiger Kritikpunkt ist die Abschlussgebühr eines Bausparvertrags, die in der Regel 1,0 bis 1,6 Prozent der vereinbarten Bausparsumme beträgt. Da diese Gebühr nicht zurückerstattet wird, kann sie als klarer Nachteil angesehen werden. Hinzu kommen in einigen Fällen noch laufende Gebühren. Demgegenüber beschränken sich die Kosten eines Annuitätendarlehens meist auf Zinsen und Kontoführungsgebühren. Allerdings bietet ein Bausparvertrag Zinssicherheit – ein Vorteil, der in einem steigenden Zinsumfeld von großer Bedeutung sein kann.
Bausparen wird durch verschiedene staatliche Programme gefördert, darunter die Wohnungsbauprämie, die Arbeitnehmersparzulage und die Riester-Förderung. Diese können die Attraktivität eines Bausparvertrags erheblich steigern. Kritiker argumentieren jedoch, dass nicht jeder von diesen Förderungen profitiert, da sie an Einkommensgrenzen oder andere Bedingungen gebunden sind – und diese Kritik ist durchaus berechtigt, wie wir bei Baufi Deutschland finden. Zudem bleibt die Frage, ob die staatlichen Förderungen in Summe die zu Beginn zu zahlende Abschlussgebühr übersteigen. Auch Annuitätendarlehen können von Förderprogrammen profitieren, etwa durch zinsgünstige KfW-Darlehen oder die Riester-Förderung, wenn ein bestehender Riester-Vertrag zur Tilgung eingesetzt wird („Wohn-Riester“).
Zu wenig Flexibilität?
Die Zinssätze eines Bausparvertrags sind bereits bei Vertragsabschluss festgelegt – sowohl für die Ansparphase als auch für das spätere Bauspardarlehen. Allerdings sind die Sparzinsen oft niedrig und liegen derzeit nahe null. Das bedeutet, dass das angesparte Kapital über Jahre hinweg keine Rendite erwirtschaftet, während die Inflation seinen Wert mindert. Ob das Bauspardarlehen zum Zeitpunkt der Zuteilung noch günstig ist, lässt sich nicht vorhersagen. Sinkende Zinsen könnten dazu führen, dass ein klassisches Annuitätendarlehen die bessere Wahl ist. Bei Annuitätendarlehen sind die Zinssätze jedoch nur bis zum Ende der Zinsbindung garantiert, was ein Risiko für die Anschlussfinanzierung darstellt. Diese Unsicherheit wird in der Kritik am Bausparvertrag oft ausgeblendet. Allerdings lassen sich auch bei Annuitätendarlehen lange Zinsbindungen abschließen, wodurch das Zinsrisiko – ein zentrales Argument für den Bausparvertrag – ebenfalls ausgeschlossen werden kann.
Ein häufig geäußerter Kritikpunkt ist die Wartezeit bis zur Zuteilung eines Bausparvertrags. Beim Bausparen muss man normalerweise warten, bis der Vertrag zuteilungsreif ist, um ihn für eine Baufinanzierung einsetzen zu können. Das kann einige Jahre dauern und man weiß nie ganz genau, wann die Zuteilungsreife erreicht ist. Im Gegensatz dazu stehen Annuitätendarlehen nach Abschluss des Kreditvergabeprozesses sofort zur Verfügung. Allerdings gibt es auch Zwischenfinanzierungen, mit denen Bausparer schneller auf ihr Bauspardarlehen zugreifen können.
Antwort kann nicht „entweder oder“ lauten
Die Kritik an Bausparverträgen ist nicht grundlos, aber oft einseitig. Während hohe Abschlusskosten und lange Wartezeiten klare Nachteile sind, bieten Bausparverträge Vorteile in Form von Zinssicherheit und staatlicher Förderung – insbesondere in einem steigenden Zinsumfeld. Annuitätendarlehen sind flexibler und sofort verfügbar, bergen jedoch das Risiko steigender Zinsen nach Ablauf der Zinsbindung – es sei denn, es wurde eine Zinsbindung bis zum Ende der Laufzeit vereinbart. Letztlich gibt es kein „entweder oder“ – entscheidend ist eine passgenaue Finanzierung, die auf die individuellen Bedürfnisse und Ziele des Kreditnehmers zugeschnitten ist. Ob die festen Zinssätze für das Bauspardarlehen langfristig attraktiv sind, bleibt allerdings eine Frage der künftigen Zinsentwicklung.
Gastautor Ricardo Tunnissen ist Geschäftsführer der Baufi Deutschland GmbH. Regelmäßig befasst er sich in seiner Kolumne mit Themen zur Baufinanzierung und mit dem Erwerb von Wohnimmobilien.