Wie lassen sich Investmententscheidungen durch ETF und die Anwendung von Neurofinanzprinzipien verbessern und häufig gemachte Anlagefehler reduzieren?
Unser Gehirn ist trotz seiner Stärke anfällig für Verzerrungen, die das Urteilsvermögen trüben. Der Philosoph Daniel Kahneman führte in seinem Buch „Schnelles Denken, langsames Denken“ das Konzept des „schnellen Denkens“ ein – die instinktive, emotionale Entscheidungsfindung, die uns oft in die Irre führt. Im Kontext des Investierens kann schnelles Denken zu impulsiven Reaktionen auf Marktschwankungen oder einer überwältigenden Anzahl von Entscheidungen führen. Wenn wir mit zu vielen Optionen konfrontiert sind, gerät das Gehirn in einen Zustand kognitiver Überlastung, der die Amygdala, das emotionale Zentrum des Gehirns, aktiviert. Dies führt zu Stress, Unentschlossenheit und oft zu schlechten Entscheidungen.
Die Vereinfachung von Investmententscheidungen, wie zum Beispiel die Konzentration auf eine Handvoll gut ausgewählter ETF, entspricht der Art und Weise, wie unser Gehirn verdrahtet ist. Durch die Eingrenzung der Optionen reduzieren wir geistige Unordnung, wodurch der präfrontale Kortex – der Bereich, der für vernünftige Entscheidungen verantwortlich ist – nicht überlastet wird. Stattdessen aktivieren wir das Belohnungssystem des Gehirns effektiver. Dies ermöglicht es uns, ruhigere, überlegtere Entscheidungen zu treffen und „langsames Denken“ zu praktizieren – den rationalen, überlegten Prozess, der zu besseren Ergebnissen führt.
Vereinfachung des Entscheidungsprozesses
Zusammengefasst vereinfacht die Straffung der Investmententscheidungen nicht nur den Entscheidungsprozess, sondern entspricht auch unseren kognitiven Stärken und fördert so bessere Anlageergebnisse. ETF ermöglichen es Investoren, die Komplexität eines riesigen Marktes zu reduzieren und in ein einziges, überschaubares Investmentvehikel umzuwandeln, das eine breite Streuung über verschiedene Vermögenswerte bietet. Ob zur Nachbildung eines Index oder zur gezielten Ausrichtung auf bestimmte Sektoren, ETF vereinfachen den Investitionsprozess, während sie Diversifikationsvorteile bieten, die das Risiko verringern.
Arten von ETF und ihre Strategien
- Index-ETF: Sie verfolgen breite Marktindizes wie den S&P 500 und bieten eine einfache Möglichkeit, in den Gesamtmarkt zu investieren. Diese passive Strategie ermöglicht es Investoren, mit minimalem Aufwand von langfristigem Marktwachstum zu profitieren.
- Sektor-ETF: Möchten Sie in Technologie, Gesundheitswesen oder grüne Energie investieren? Sektor-ETF machen es einfach, gezielt in bestimmte Branchen zu investieren, ohne einzelne Unternehmen auswählen zu müssen.
- Themen-ETF: Diese Fonds verfolgen Trends wie nachhaltiges Investieren oder KI und ermöglichen es Ihnen, Ihre Investitionen mit Ihren Werten und Prognosen in Einklang zu bringen.
Weniger Entscheidungen führen zu klügeren Entscheidungen
Die Welt der Investitionen präsentiert uns häufig ein Paradoxon der Wahl: Je mehr Optionen wir haben, desto schwieriger wird es, zufriedenstellende Entscheidungen zu treffen. Indem wir unsere Entscheidungen einschränken, können wir kognitive Verzerrungen verringern, die den Anlageerfolg untergraben. So führen weniger Entscheidungen zu klügeren Investitionsentscheidungen.
- Überlastung durch Wahlmöglichkeiten: Wenn wir mehr Optionen zur Auswahl haben, fällt es den Menschen oft schwerer, eine Entscheidung zu treffen, sie sind mit ihrer Wahl weniger zufrieden und neigen eher zu Bedauern. ETF mindern dies, indem sie die Optionen konsolidieren und den Auswahlprozess straffen, wodurch gängige Fallstricke wie unprofessionelles Stock-Picking vermieden werden.
- Verlustaversion: Unsere Neigung, Verluste stärker zu fürchten als Gewinne zu genießen, ist eine starke psychologische Verzerrung. ETF helfen, dies abzumildern, indem sie das Risiko über verschiedene Vermögenswerte streuen und die emotionale Auswirkung einzelner Verluste abschwächen, wodurch das Risiko eines Panikverkaufs verringert wird.
- Überbewertungsbias: Wenn wir glauben, kurzfristige Marktbewegungen vorhersagen zu können, neigen wir dazu, riskantere Entscheidungen zu treffen. ETF fördern eine disziplinierte, langfristige Strategie und verringern die Versuchung, aufgrund von Überbewertung oder kurzfristigen Marktschwankungen zu handeln.
- Herdentrieb: Investoren folgen oft der Masse und glauben, dass populäre Trends immer die beste Wahl sind. ETF fördern einen stetigen, passiven Investitionsansatz, der auf langfristiges Wachstum setzt, anstatt kurzfristigen Trends nachzujagen. Durch die Verpflichtung zu wenigen gut ausgewählten ETF sind Investoren weniger geneigt, dem Herdentrieb zu verfallen.
Fazit: Der Erfolg beim Investieren hängt nicht nur davon ab, einmal die richtige Wahl zu treffen – es geht darum, konstant die richtigen Entscheidungen zu treffen. Die besten Investoren halten an ihren Strategien fest, bleiben geduldig und vermeiden impulsive Entschlüsse. Der Aktienmarkt ist unvorhersehbar, aber die besten Investoren lernen, sich anzupassen, während sie in ihrem Ansatz konsequent bleiben.
Gastautor Nikolas Kreuz ist Geschäftsführer der INVIOS GmbH in Hamburg.