Notgroschen statt Notlage

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26. März 2025

Notgroschen statt Notlage

Der Notgroschen ist eine finanzielle Reserve für unvorhergesehene Ausgaben oder, wie der Name schon sagt, für finanzielle Notfälle. Er wirkt wie ein Sicherheitsnetz, das hilft, wirtschaftliche Krisen zu überstehen, ohne auf langfristige Investitionen oder gar die private Altersvorsorge zurückgreifen zu müssen.

Insbesondere im Zusammenhang mit der privaten Vorsorge und dem Aufbau eines eigenen Altersvorsorgedepots spielt dieser Notgroschen eine entscheidende Rolle, denn er stellt sicher, jederzeit liquide zu sein. In diesem Beitrag werden wir uns damit beschäftigen, warum ein Notgroschen für die meisten Menschen unerlässlich ist und wie man ihn systematisch aufbaut. Außerdem werden wir einige Grundregeln für den Aufbau eines Notgroschens kennenlernen.

Warum ist ein Notgroschen wichtig? Ein Notgroschen erfüllt mehrere Aufgaben, die zur finanziellen Stabilität und zur langfristigen Planung beitragen. Vier Punkte vor allem belegen die Bedeutung des Notgroschens.

Finanzielle Sicherheit. An erster Stelle steht die finanzielle Sicherheit. So macht es für die meisten Menschen wenig Sinn, immer das gesamte Geld zu investieren, denn unvorhergesehene Ereignisse wie eine Autoreparatur oder die oft erwähnte kaputte Waschmaschine, die ersetzt werden muss, können die eigenen Finanzen schnell aus dem Gleichgewicht bringen. Zumindest dann, wenn kein Notgroschen vorhanden ist. Mit dieser Reserve können solche Ausgaben problemlos bewältigt werden, ohne dass unerwünschte Wege der Kapitalbeschaffung wie die Aufnahme von Krediten beschritten werden müssen.

Schutzschild für die Altersvorsorge

Schutz langfristiger Anlagen. Hier liegt bereits der zweite wichtige Punkt – der Schutz der eigenen Altersvorsorge. Der Notgroschen stellt sicher, dass unvorhergesehene Kosten nicht dazu führen, dass langfristige Anlagen wie ETF, Aktien oder auch Immobilien – möglicherweise zu einem ungünstigen Zeitpunkt – verkauft werden müssen. Ein solcher Zwangsverkauf kann sich negativ auf den Zinseszinseffekt und die Steuervorteile auswirken.  Schließlich unterbricht ein vorzeitiger Verkauf auch den Zinseszins- und Steuerstundungseffekt. Die Rücklage hilft somit, den langfristigen Vermögensaufbau unangetastet zu lassen und strategisch durchzuhalten.

Liquidität. Damit sichert der Notgroschen automatisch den dritten Aspekt – die kurzfristige Zahlungsfähigkeit oder Liquidität. Auch wenn es irgendwann an der Zeit ist, einen Teil des Altersvorsorgedepots zu verkaufen, müssen Aktien und vor allem Immobilien nicht immer sofort liquidiert werden. Gerade Aktien können im Moment ungewöhnlich tief bewertet sein, so dass es sinnvoll sein kann, mit dem Verkauf noch etwas zu warten. Auch der Verkauf einer Immobilie kann sich über Wochen oder gar Monate hinziehen. Möglicherweise findet sich über einen längeren Zeitraum kein Käufer, der bereit ist, die eigenen Preisvorstellungen zu tragen. Der Notgroschen kann hier zumindest für einen begrenzten Zeitraum die notwendige Liquidität sichern.

Beruhigendes Wissen

Entspannung für den Kopf. Neben den praktischen Vorteilen hat der Notgroschen auch einen wichtigen psychologischen Effekt: Allein das Wissen, auf eine Reserve zurückgreifen zu können, reduziert Stress und schafft ein Gefühl der Kontrolle über die eigene finanzielle Situation. Das ist nicht nur ein Gefühl, sondern in schwierigen Zeiten oft eine entscheidende Realität. Gerade für Menschen, die bei Marktschwankungen schnell nervös werden, ist ein solider Notgroschen die Basis für eine entspannte und langfristig erfolgreiche Anlagestrategie.

Merksatz zum Notgroschen: Um sich die vier zentralen Funktionen des Notgroschens leicht zu merken, hilft die Eselsbrücke S-A-L-E. S wie Sicherheit, A wie Anlagenschutz, L wie Liquidität, E wie Entspannung. SALE ist der einzige „Verkauf“, bei dem du nicht verkaufen musst. Denn: Wer über einen soliden Notgroschen verfügt, muss im Ernstfall keine langfristigen Investments zu einem ungünstigen Zeitpunkt auflösen.

Wie baue ich einen Notgroschen auf?

Die Bildung eines Notgroschens erfordert Planung und Disziplin, ist aber mit ein paar einfachen Schritten für alle erreichbar. Mir persönlich gefällt die Idee, sich auf sechs Monatsausgaben zu beziehen. Damit ist gemeint, einen Betrag zu wählen, mit dem man alle Fixkosten wie Miete, monatliche Ausgaben für Lebensmittel, Auto etc. für die nächsten drei bis sechs Monate abdecken kann. Individuelle Anpassungen sind natürlich möglich.

Wer zum Beispiel als Beamter einen besonders sicheren Job oder weitere regelmäßige Einnahmen hat, braucht vielleicht einen deutlich geringeren Notgroschen als jemand, der selbstständig ist oder in einer besonders unsicheren Branche arbeitet. Am einfachsten lässt sich die Höhe des Notgroschens ermitteln, indem man die monatlichen Fixkosten (Miete, Lebensmittel, Versicherungen etc.) auflistet und mit der Anzahl der gewünschten Monate multipliziert.

Effizient und fast nebenbei, per Sparplan

Ähnlich wie beim Aufbau eines Altersvorsorgedepots ist es auch beim Aufbau des Notgroschens sinnvoll, das Prinzip eines Sparplans zu nutzen. Wenn man die Höhe seines Notgroschens kennt, kann man einen monatlichen Betrag festlegen, der am besten per automatischer monatlicher Überweisung auf ein separates Tagesgeldkonto eingezahlt wird. So kann man auch mit kleinen Beträgen im Laufe der Zeit einen ausreichend großen Notgroschen aufbauen.

Wichtig ist die Wahl eines passenden Kontos für den Notgroschen. Ein separates Spar- oder Tagesgeldkonto, wie es viele Banken anbieten, ist meiner Meinung nach eine gute Wahl. Diese Konten bieten eine hohe Flexibilität und ein schneller Zugriff ist gewährleistet. Der Notgroschen sollte also nicht in irgendeiner Form angelegt werden, wo das Geld starken Schwankungen unterliegen kann oder der Zugriff zeitlich verzögert ist.

Separates Konto

Ein paar einfache Grundsätze helfen, den Notgroschen richtig zu strukturieren. Priorität vor Investitionen: Der Notgroschen steht vollständig zur Verfügung, bevor der Aufbau eines Depots oder einer anderen Anlageform beginnt. (Wer es gar nicht abwarten kann, mit dem Investieren zu beginnen, kann ihn auch parallel aufbauen.) Separat halten: Die Rücklage gehört auf ein separates Konto, auf dem keine anderen Transaktionen stattfinden. So behälst du den Überblick. Disziplin im Umgang: Auch wenn es verlockend ist, die Rücklage für Urlaub oder spontane Anschaffungen zu nutzen – der Notgroschen ist ausschließlich für echte Notfälle gedacht.

Fazit. Dein Notgroschen ist weit mehr als eine kurzfristige Rücklage – er ist ein elementarer Bestandteil jeder soliden Finanzplanung. Er schützt vor unerwarteten Ausgaben, sichert langfristige Investitionen und sorgt für Sicherheit – finanziell und mental. Wer frühzeitig beginnt, systematisch Rücklagen zu bilden, schafft sich nicht nur finanzielle Stabilität, sondern auch innere Ruhe für die wirklich wichtigen Dinge im Leben.


DIA-Kolumnistin Lisa Osada ist Gründerin von Aktiengram, Finanzbloggerin, Fachinformatikerin und SPIEGEL-Bestsellerautorin. Im Jahr 2020 gründete sie ihren erfolgreichen Finanzblog „Aktiengram“ und den gleichnamigen Instagram-Kanal, mit dem sie zehntausende Menschen motiviert, ihre finanziellen Ziele eigenverantwortlich zu erreichen.