Michael Thaler, Vorstand der TOP Vermögen AG in München, erklärt im Interview, warum der Blick vieler Anleger auf die offenen Immobilienfonds in der Vergangenheit verklärt war und welche Folgen ein aktuelles Urteil haben kann.
Offene Immobilienfonds wurden lange Zeit als sichere Anlage verkauft. Nun hat ein Gericht den Immobilienfonds Uni Immo Wohnen ZBI als gar nicht so risikolos eingestuft. Was bedeutet das für Anleger?
Ganz vorsichtig gesprochen, könnte in manchen Fällen eine Falschberatung vorliegen. Wenn der Fonds den Anlegern als sichere Anlage verkauft wurde, wären Schadenersatzansprüche möglich. Aber so weit ist es noch nicht. Die Fondsgesellschaft wird wahrscheinlich in Berufung gehen.
Zu welchen Konsequenzen führt dieses Urteil für die anderen offenen Immobilienfonds, die am Markt angeboten werden?
Auch das lässt sich noch nicht mit Sicherheit sagen. Natürlich könnte ein weiteres Urteil, das die Auffassung des Gerichts bestätigt, weitreichende Konsequenzen für andere offene Immobilienfonds haben. Generell sehen wir unsere Auffassung bestätigt, die wir schon seit Jahren haben: Offene Immobilienfonds sind kein risikoloses Produkt.
Warum nicht?
Die Fonds haben ein Grundproblem, sozusagen einen Konstruktionsfehler. Es wird versucht, aus einem illiquiden Investment wie Immobilien ein liquides Investment in Form eines Publikumsfonds zu machen. Die schnellen Zinserhöhungen haben den Wert von Immobilien in viel stärkerem Maße beeinflusst als erwartet. Wenn die Zinsen steigen und die Preise fallen, müssten die Fonds eigentlich ihre Immobilien abwerten. Das passiert aber vielfach nicht. Die Anleger glauben, dass die Fonds mehr wert sind. Diese Situation ist nicht neu. Die Finanzkrise 2008 führte zu erheblichen Problemen bei offenen Immobilienfonds. Nach der Abwertung des Immobilienbestandes zogen viele Anleger Gelder aus den Fonds ab, was bei einigen schwere Liquiditätsprobleme verursachte.
Prüfender Blick auf den Börsenkurs
2008 wurden einige Fonds sogar abgewickelt. Mit hohen Verlusten für die Anleger. Wie sieht es dieses Mal aus?
Das droht den aktuellen Fonds noch nicht. Allerdings steht es um einige Fonds nicht sonderlich gut. Auszuschließen ist es nicht.
Wie können Anleger erkennen, ob der eigene Immobilienfonds Probleme hat?
Als erste Einschätzung reicht ein Blick auf die Börsenkurse der Fonds. Sie spiegeln die aktuellen Markterwartungen der Anleger wider. Wenn die Kurse für Immobilienfonds fallen, könnte dies darauf hindeuten, dass die Anleger besorgt sind. Sind die Börsenkurse deutlich niedriger als der von den Sachverständigen ermittelte Nettoinventarwert des Fonds, kann dies ein Warnsignal sein.
Betrifft das alle Fonds?
Nein. Einige offene Immobilienfonds erzielen weiterhin positive Renditen. Es kommt darauf an, wie gut der Bestand vermietet ist und wie viel Fremdkapital im Einsatz ist.
Was sollten Anleger jetzt tun?
Das Problem für viele Anleger sind die Kündigungsfristen, die nach der Finanzkrise eingeführt wurden. Wer seine Anteile zurückgeben will, muss grundsätzlich zwölf Monate auf sein Geld warten. Eine Alternative ist der Verkauf über die Börse. Allerdings werden die Fonds da mit einem Abschlag gehandelt. Wer langfristig plant und in soliden Fonds investiert ist, kann die Krise auch aussitzen und hoffen, dass die Immobilienpreise wieder steigen. Eine Gewähr dafür gibt es nicht.