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Anregungen aus dem Renten-Cockpit

Einer der wenigen Punkte, über den sich die vier Parteien in der Sondierung zu einer Jamaika-Koalition bereits ziemlich einig sind, ist die Einführung eines Online-Rentenkontos. Ein Beispiel, wie ein solches Konto im Prinzip funktionieren könnte, lieferte unlängst der Online-Makler Clark mit seinem Renten-Cockpit.

Mit markigen Worten bewarb das Insurtech Anfang Oktober diese Neuerung. Damit biete der Versicherungsmanager die erste umfassende Renten-Lösung in Europa. Das ist ein wenig übertrieben. Andere Länder, zum Beispiel in Skandinavien, verfügen schon seit geraumer Zeit über Online-Konten, mit deren Hilfe die Bürger ihre späteren Rentenansprüche schnell und übersichtlich erfassen können. Trotzdem: Clark bringt damit auch in Deutschland die Diskussion über ein solches Konto in Bewegung.

Das Tool, das der Versicherungsmanager seinen Kunden anbietet, entstand eigentlich zunächst für einen Feldversuch, den die Deutsche Bank, die Commerzbank und die Deutsche Renteninformation e. V. zusammen mit dem Max-Planck-Institut für Sozialrecht und Sozialpolitik und der Goethe-Universität Frankfurt durchführte. Damit sollte die Machbarkeit eines solchen Rentenkontos überprüft werden. Clark wollte es dann nicht bei wissenschaftlichen Auswertungen belassen und nutzte die Berechnungsgrundlagen aus diesem Feldversuch für das eigene Renten-Cockpit. Da das Feedback der Kunden in diesem Feldversuch positiv ausfiel, wurde das Konzept weitgehend übernommen. Allerdings hat der Versicherungsmanager an der Datenbereitstellung, der Bearbeitungszeit und der Darstellung der Versicherungssituation einige Veränderungen vorgenommen.

Nettoeinkommen zu Rentenbeginn

Die Nutzer des Cockpits laden die vorhandenen Dokumente zur gesetzlichen Rente, zur betrieblichen Altersversorgung und zur ergänzenden privaten Vorsorge mit dem Smartphone oder am PC hoch. Zusätzlich kann das im Alter gewünschte Einkommen eingegeben werden. Aus den Daten der Vertragsunterlagen errechnet das Prognosemodell die Höhe des zu erwartenden Nettoeinkommens bei Rentenbeginn. Einige der dafür erforderlichen Angaben sind bei den Clark-Kunden ohnehin vorhanden. Durch die Anmeldung sind bereits das Geschlecht und die Postleitzahl bekannt. Im weiteren Verlauf wird das Bruttogehalt und die Anzahl der Kinder im Clark-Bedarfscheck abgefragt. Wenn der Nutzer seine Krankenversicherung angibt, können auch dort alle notwendigen Informationen ausgelesen werden. Im Renten-Cockpit wird dann noch die Kirchenmitgliedschaft abgefragt.

Hochladen der Dokumente als neuralgischer Punkt

In diesem Punkt ist Clark im Vergleich zum Feldversuch einen Schritt voraus, weil ein großer Teil der Daten bereits vorhanden ist. Bleibt als neuralgischer Punkt das Hochladen der Rentendokumente. In dem Feldversuch hatte sich gezeigt, dass diese Aufgabe bei vielen Interessenten zum Abbruch führt. So war bei dem Test, der mit Bankkunden unternommen worden war, zunächst das Interesse an einem solchen Renten-Dashboard groß. Wenn dann aber die Bereitstellung der Daten erforderlich wurde, warfen viele das Handtuch. Obwohl die Initiatoren des Feldversuches es den Bankkunden mit verschiedenen Optionen leicht machen wollten. Daher war auch eine Schlussfolgerung in dem Feldversuch, dass ein solches Rentenkonto ohne automatisierte Datenbereitstellung direkt durch den Altersvorsorgeträger nicht funktionieren wird.

Eine solche erhöhte Abbruchrate lässt sich beim Renten-Cockpit von Clark nach Angaben eines Unternehmenssprechers bislang nicht feststellen. Die Erfassung und Auswertung sei im Clark-Tool aber auch erheblich einfacher als im Pilotprojekt. Vorhandene Altersvorsorgeprodukte werden mit ihren Daten automatisch genutzt. Zudem sei der Prozess deutlich vereinfacht und in die Clark User Experience eingebettet worden.

Anregung für deutschlandweites Konto

Das Renten-Cockpit liefert auch einige weitere Anregungen für die Entwicklung eines deutschlandweiten Online-Rentenkontos. Zum Beispiel, wie mit den vielen verschiedenen Anwartschaftsformen umzugehen ist. Diese Vielfalt wird immer wieder von den Skeptikern und Kritikern eines solchen Kontos ins Feld geführt. Es sei schwer, eine einheitliche Darstellungsform zu finden, lautet einer ihrer Einwände. Erfahrungen in anderen Ländern haben gezeigt, dass tatsächlich viel Aufwand betrieben werden muss, um eine einheitliche Darstellungsform zu finden. Das belegten Experten-Interviews, die das Deutsche Institut für Altersvorsorge zum Beispiel in den Niederlanden und in Schweden führten.

Beim Renten-Cockpit von Clark werden für die Hochrechnung der späteren Rente die in den Rentendokumenten angezeigten Überschussszenarien verwendet. Parallel erfolgt ein Plausibilitätscheck mit einer angenommenen Rendite von jährlich drei Prozent. Sind keine garantierten Rentenansprüche vorhanden, prüft Clark, ob das erwartete Kapital in eine Rente umgerechnet werden kann. Geht das nicht, wird alternativ nur das garantierte Einkommen angezeigt. Vermögensbestandteile, die nicht unter den engen Begriff der Altersvorsorge fallen, also keinen lebenslangen Rentenanspruch begründen, berücksichtigt das Renten-Cockpit ebenfalls. Sie werden bei konservativer Verzinsung in eine lebenslange Rente zum Renteneintritt umgewandelt.

Gutachten ausgeschrieben

Bis zur deutschlandweiten Einführung eines Online-Rentenkontos werden dennoch weitere etliche Fragen zu beantworten sein. Das Bundesarbeitsministerium hat bereits vor Wochen dafür einen Studienauftrag ausgeschrieben, über den unabhängig vom Ausgang der Sondierungsgespräche entschieden werden kann. Es würde nicht verwundern, wenn Wissenschaftler vom Max-Planck-Institut für Sozialrecht und Sozialpolitik und von der Goethe-Universität da mit zum Zuge kämen.